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„Cask“ oder nicht „cask“, das ist hier die Frage!

Der lange Zapfhebel
Ungeachtet aller Werbeverbote für den Alkoholkonsum, ist das zeitgenössische und klassische internationale Kino voll mit wunderschönen Szenen, in denen eine Haupt- oder Nebenfigur Bier trinkt.

Und zwar in aller Regel so, dass es auch uns ein Bier schmackhaft macht. Oft sind solche Szenen nichts weiter als Schleichwerbung, aber darum soll es hier nicht gehen. Wie bezaubernd der Prozess des Biereinschenkens doch auf der Leinwand aussehen kann! Ganz besonders wenn dieser Akt in einem typischen britischen oder irischen Pub stattfindet, wo das Bier durch das Betätigen eines besonders großen, langen Hebels aus der Zapfanlage ausgeschenkt wird.

Bier ohne künstlichen Kohlensäurezusatz
Die Anreicherung des Bieres mit Kohlensäure vor dem Versiegeln des Behälters erhöht die Haltbarkeit des Getränkes. Zum Beispiel ist stinknormales helles Bier, wie man es im Supermarkt kaufen kann, in der Regel mit zusätzlicher Kohlensäure versetzt worden, bevor es in die Flasche abgefüllt wurde. Aber die Luftbläschen im Inneren der Flasche sind gar keine Luft, sondern eben das CO2, das verhindert, dass das Bier schlecht wird und welches das Getränk prickelnder und schäumiger macht und den Schaum gleichzeitig auch beständiger hält. In Schankbieren dient die zugesetzte Kohlensäure interessanterweise noch darüber hinaus als treibendes Element im Zapfsystem. So kommt es, dass das Bier durch die Betätigung des Hebels wie von selbst aus dem Zapfhahn fließt.


Freilich hat man das nicht immer und überall so gemacht. Bis heute halten einige Brauereien die Zugabe zusätzlicher Kohlensäure, voll Stolz auf die Produktionsqualität ihrer Biere, für unnötig und sogar, mehr noch, schädlich für die Wahrnehmbarkeit von deren natürlichem Geschmack und Aroma. Solche Biere, die weder für den Transport noch für die Lagerung mit zusätzlicher Kohlensäure versetzt wurden, nennt man cask ales oder auch cask conditioned. Entscheidend ist hier der Begriff „zusätzliche“ Kohlensäure, denn im Prozess jedweden Bierbrauens wandelt die Hefe den Zucker der Bierwürze in den ersehnten Alkohol um, gleichzeitig entsteht aber auch eben jene Kohlensäure, die für die kleinen Luftbläschen, den Schaum und das Prickeln des Endproduktes verantwortlich ist.

Daher kann für ein natürlich schäumiges, prickelndes Bier auf eine zusätzliche Kohlensäurezugabe voll und ganz verzichtet werden.
Aber woher genau kommt jetzt die Bezeichnung cask ale
Das kommt daher, dass dieses Bier mit seiner natürlichen Kohlensäurebildung traditionell in nicht allzu großen Fässern gebraut wurde, eben in casks (vom Englischen cask – Fass).

Real Ale und CAMRA
Die Heimat der cask ales ist Großbritannien, deshalb besteht die absolute Mehrheit der cask ales auch aus diversen Ales und nicht aus z.B. Pilsnern. Dort nennt man cask ale auch „real ale“ - echtes Ale. Auf die Reinheit dieses Begriffes achtet die in der Welt des Bieres angesehene, nichtkommerzielle Organisation CAMRA (Campaign for real ale – Kampagne für echte Ales).

Nach Ansicht der CAMRA, ist „echtes“ Ale ein lebendiges Produkt, dessen Hefen nicht durch eine Filtration ausgesondert und durch Pasteurisierung abgetötet werden dürfen. So wie Ales früher waren. Nur so können sie, nach Meinung der Spezialisten von CAMRA, ohne Einschränkungen die gesamte Tiefe und alle Schattierungen des Geschmacks vermitteln, die der Brauer in seine Schöpfung gelegt hat.

Ein solches Bier hat eine äußerst organische Haltbarkeitszeit nachdem es aus der Brauerei kommt (2-3 Monate) und muss nach dem Öffnen fast unmittelbar aufgebraucht werden (innerhalb von 1-2 Tagen). Genau diese Tatsache gestaltet die Verteilung dieser Bierdelikatessen äußerst schwierig, so dass ein Großteil der Fässer lediglich innerhalb einer Stadt, Grafschaft oder Region bis zu ihrem Endverbraucher reist. Umso seltener passiert es, dass solche real ales exportiert werden und umso mehr Beifall erntet ein jeder, dem es gelingt, so ein cask aus den Grenzen seines heimischen Territoriums heraus zu befördern.

Bottle conditioned
Übrigens, unabhängig davon, dass ein originales cask ale am Besten frisch gezapft schmeckt, kann man es auch probieren ohne zwingend nach England reisen zu müssen. Man kann es nämlich auch ganz gemütlich zu Hause und auch ohne eine spezielle Schankanlage genießen.


Der Trick ist, dass zu den real ales jedes beliebige Bier in Flaschen oder Dosen zählt, so lange es in der Flasche ausgegoren wurde (bottle conditioned). Solche Exemplare der cask ales sind um ein Vielfaches leichter zu transportieren und sind länger haltbar als die Schankbiere. Solche Ales der Art bottle conditioned werden schließlich nicht in mehrfach nutzbare Fässchen abgefüllt, sondern kommen in sterile Einwegflaschen und werden durch die natürliche Kohlensäure, die durch den Gärprozess entsteht, vor einem vorzeitigen Verderben geschützt. Die gleiche Prozedur in Fässern mit einem Fassungsvermögen von 30-50 Litern garantiert nicht den selben Schutz, da der Prozess hier nicht gleichmäßig über das gesamte Volumen verteilt abläuft.

Ungefiltertes, unpasteurisiertes Bier aus britischer Herstellung mit der Aufschrift „bottle conditioned“ (in Kleinbuchstaben auf dem Etikett) auf der Flasche erweisen sich, aus dem Glas getrunken, im Geschmack ihren Schankfassungen gegenüber als gänzlich ebenbürtig - wie frisch gezapft vom Fass in einem londoner Pub. Wenn man also nicht die Möglichkeit hat, sich das authentischste aller authentischen cask ales vom Fass zu zapfen, kann man es sich ruhigen Gewissens genau so gut aus der Flasche einschenken.

Echtes cask ale
Wenn man an Biere aus anderen Ländern denkt, könnte man zu den casks auch etwa das deutsche Kölsch zählen, das in hölzernen Fässern reift und in den Brauhäusern Kölns auch direkt aus diesen verzapft wird. Andere, ähnliche Biersorten sind etwa belgisches Helles, bayerisches Weißbier und noch viele mehr.

Die geschmacklichen Besonderheiten der cask ales eröffnen jedem Bierliebhaber eine ganze Palette an natürlichen Aromen, die sich in den industriellen Biersorten mit zusätzlichem Kohlensäurezusatz schlichtweg nicht finden lassen. Wenn Sie britische Ales lieben, Bitters und Stouts mit ihren intensiven Malzaromen, ihrer hopfigen Würze, dem Aroma wilder Kräuter, dann probieren Sie unbedingt ein cask ale und überzeugen Sie sich selbst!


Frei nach Shakespeares Hamlet kann man es auch so sagen: Cask oder nicht Cask, das ist hier die Frage.
Für uns natürlich: Cask!